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Wenn Zwänge das Leben bestimmen



Fast alle Menschen kennen das ein oder andere der folgenden Phänomene: noch einmal nachschauen, ob man den Schlüssel dabei hat oder ob das Bügeleisen wirklich ausgeschaltet ist oder man bekommt einen Witz oder eine Melodie partout nicht aus dem Kopf.

Nehmen solche Gewohnheiten aber so viel Raum im täglichen Leben ein, dass die betroffene Person Probleme bei der Bewältigung des Alltags bekommt, könnte eine Zwangserkrankung vorliegen.

Zwangsgedanken und/oder –handlungen treten immer wieder in ritualisierter Form auf. Selbst, wenn sie als unsinnig erkannt werden, ist es für die Betroffenen meist unmöglich, die Zwänge zu ignorieren oder zu unterdrücken. Die wiederkehrenden Gedanken oder Vorstellungen führen zu extremer Unruhe und körperlichem Unbehagen, die meist durch das zwanghaft ausgeführte Ritual beendet werden. Diese sich aufdrängenden Befürchtungen und das zu kurzfristiger Ruhe führende Ritual können den Menschen so einschränken, dass er andere wichtige Tätigkeiten nicht mehr, oder nur unter größ-ter Kraftaufwendung durchführen kann. Meist bestimmt der Zwang das ganze Leben.

Befürchtung und Ritual: ein Teufelskreis

Die Wahrscheinlichkeit, einmal im Leben an einer Zwangsstörung zu erkranken beträgt ca. 2-3 Prozent. Damit sind Zwangsstörungen relativ häufig Sie gehören zu den belastendsten psychischen Problemen.

Zahlreiche Faktoren können zur Entstehung einer Zwangserkrankung führen: Körperliche Veränderungen, eine besondere Empfindsamkeit gegenüber Belastungen, schwierige Lebenssituationen, einschneidende Lebensereignisse, Erziehung und familiäre Einflüsse.

Die Störung beginnt meist harmlos

Man sieht z.B. einen Schmutzfleck und hat die Vorstellung, sich unbedingt waschen zu müssen. Da-durch entsteht ein gewisses Unbehagen, Anspannung oder auch Angst. Die Hände müssen gewa-schen werden, um dieses Gefühl zu verringern. Manchmal ist das Unbehagen durch gedankliche Rituale, z.B. Zählen, zu vermindern.

Werden solche Rituale nun häufiger ausgeführt, kommt es zwar kurzfristig zur Beruhigung, aber auch zur Verfestigung der ursprünglichen Befürchtung („wenn ich die Hände nicht gewaschen hätte, hätte ich mich infiziert“, „Nur wenn ich bis sieben zähle, kann ich mich beruhigen“). So verschlimmert sich die Situation von Mal zu Mal. Der Zwang nimmt zu und ein Teufelskreis von zwanghaften Ritualen beginnt.

Bieten Sie dem Zwang die Stirn

Sie haben die Möglichkeit, Ihre Zwangserkrankung durch eine individuelle und intensive Einzelbehandlung in den Griff zu bekommen. Sie lernen, den Teufelskreis des Zwangs mit Hilfe der Konfrontationstherapie zu durchbrechen. Dies geschieht, indem Sie sich mit Unterstützung Ihres Therapeuten wiederholt genau mit der Situation konfrontieren, in der Sie die zwanghaften Rituale oder Gegengedanken anwenden. So können Sie wiederholt die konkrete und korrigierende Erfahrung machen, dass das Unterlassen der Rituale nicht in die Katastrophe führt. Dadurch verlieren die beunruhigenden Situationen allmählich ihre Bedrohlichkeit; zwanghafte Gedanken und Rituale müssen nicht mehr eingesetzt werden.

Ablauf der Behandlung

Erstgesprächt
Der erste Schritt der Behandlung besteht aus einem Erstgespräch (nach der Inanspruchnahme der Sprechstunde, in der eine erste Klärung stattgefunden hat). Dieses dient dem gegenseitigen Kennenlernen, einer ersten Besprechung der bestehenden persönlichen Problemlage sowie der Klärung organisatorischer Fragen.

Diagnostische Untersuchung
Um eine optimale Behandlung zu ermöglichen, erfolgen nach dem Erstgespräch in der Regel zunächst zwei probatorische Sitzungen auch mit diagnostischer Untersuchung. Diese beinhaltet sowohl ausführliche Gespräche mit dem Therapeuten als auch spezielle psychologische Untersuchungen und Testverfahren, um so die Hintergründe und Bedingungen der vorliegenden Erkrankung sowie deren Folgeprobleme genau analysieren und eingrenzen zu können.

Therapievorschlag
In einem weiteren Gespräch wird auf Grundlage der diagnostischen Ergebnisse dargestellt, ob und wie die bestehende Problematik angemessen behandelt werden kann. Hierzu wird ein konkreter, auf die jeweilige persönliche Problemstellung zugeschnittener Therapievorschlag unterbreitet und ausführlich besprochen. Anschließend hat der Patient Zeit, den Therapievorschlag in aller Ruhe zu überdenken und sich für oder gegen die Behandlung zu entscheiden.

Intensivtherapie
Die Therapie wird je nach den Erfordernissen des Therapieplans und den zeitlichen Möglichkeiten des Patienten gestaltet. Inhaltliche Schwerpunkte, Dauer, Dichte und die konkreten therapeutischen Maßnahmen werden jeweils auf die individuelle Problematik des Patienten abgestimmt. Wichtige Ziele der Behandlung sind die fachlich angeleitete Auseinandersetzung mit der Zwangsstö-rung und mit den daraus resultierenden Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen. Durch eine Kombination verschiedener kognitiver, konfrontativer und emotionsfokussierter Verfahren lernt der Patient, mit der Zwangsstörung abzuschließen und belastende Gefühle und Gedanken zu verändern. In dieser Phase werden Zwangsrituale, teilweise mit Unterstützung des Therapeuten, reduziert.

Selbstkontrollphase
Im Anschluss an die Intensivtherapie folgt nachdem die Mechanismen greifen und erste Erfolge sichtbar sind die sogenannte Selbstkontrollphase, in der die Therapieerfahrungen im Alltag stabili-siert werden. Zur kontinuierlichen Unterstützung besteht während dieser Zeit regelmäßiger Kontakt zum Therapeuten, wobei die Frequenz der Kontakte abnimmt. Nach Therapieende können bei Bedarf Auffrischungssitzungen stattfinden, um zwischenzeitlich aufgetretene Probleme zu bearbeiten.

Herausgeber:
Christoph-Dornier Stiftung für Klinische Psychologie (mit Änderungen)

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