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Ängste und deren Behandlung



So einfach diese Frage auch klingen mag, so vielschichtig erweist sich ihr Gegenstand. Denn Angst ist wesentlich mehr als nur ein einfaches Gefühl. Vielmehr ist sie ein sehr komplexer Erlebniszustand des Menschen. Angsterkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen überhaupt, oft sind sie auch Ursache für andere Erkrankungen, wie z.B. Depressionen. Die Betroffenen entwickeln dabei in ganz alltäglichen Situationen intensivste Ängste, die von massiven körperlichen Beschwerden wie Atemnot, Schwindel oder Herzrasen begleitet sind.

Diese Erregungszustände sind zwar ein wichtiger Teil des Angsterlebens, reichen allein aber nicht aus, um Angst zu empfinden. Je nach Situation können sie genauso gut Zeichen körperlicher Anstrengung sein. Um solche Signale tatsächlich als Ausdruck von Angst zu deuten, muss auch die Situation, in der wir uns gerade befinden, als bedrohlich empfunden werden. So kann jemand, der mit knapper Not eben noch seinen Zug erreicht hat, Atemlosigkeit und Herzklopfen auf seinen eiligen Gang zurückführen. Er kann die Ursache des Herzklopfens aber auch darin sehen, dass er sich in dem Zugabteil unangenehm beengt fühlt. Die Atemlosigkeit wird bei dieser Deutung plötzlich zur „Atemnot“ und es entsteht der Eindruck, in engen Räumen nicht genug Luft bekommen zu können. In diesem Fall wird die gesamte Situation natürlich als bedrohlich erlebt, die Körpersignale werden zweifellos als Zeichen der Angst gedeutet.

Hält man aber eine Situation erst einmal für gefährlich, kann allein der Gedanke an die mögliche Bedrohung wie ein Alarmsignal auf den Körper wirken. Solche Alarmsignale führen dazu, dass die Erregung des Körpers noch weiter gesteigert wird. Diese gesteigerte Erregung wiederum wird als Zeichen vermehrter Angst gedeutet – ein Kreislauf, der sich innerhalb kürzester Zeit zu einem regelrechten Panikanfall steigern kann.

Die Ursachen der Erkrankung sind vielfältig. Sie reichen von schwer belastenden Lebensereignissen über negative Kindheitserfahrungen bis hin zu andauerndem beruflichen Stress. Aber so unterschiedlich die individuellen Ursachen einer Angststörung auch sein mögen; im konkreten Verlauf einer Angsterkrankung zeigen sich oftmals die beschriebenen Ähnlichkeiten.

Ein Fallbeispiel

Nach einem anstrengenden Arbeitstag fährt Maria A im vollbesetzten Bus nach Hause. Es ist nicht das erste Mal, dass sie zwischen den vielen Menschen ein fast körperliches Unwohlsein verspürt. Anders als sonst aber wird ihr heute zu allem Überfluss auch noch schwindelig. Um das unangenehme Gefühl zu unterdrücken, würde sie gerne tief Luft holen, aber die Enge im Bus nimmt ihr den Atem. Als das Schwindelgefühl immer stärker wird, befürchtet sie, vielleicht ohnmächtig zu werden.

Frau A versucht sich zu beruhigen; als sie merkt, dass ihre Hände feucht sind und auch der Rücken schweißnass ist, hält sie es in dem Bus nicht mehr aus und verlässt ihn fluchtartig an der nächsten Haltestelle.

In der folgenden Zeit zeigen sich diese „Zustände“ schein bar grundlos immer häufiger – nicht mehr nur allein im Bus, auch im Kaufhaus, ja selbst am Arbeitsplatz leidet Maria A unter den Beschwerden Als sie auch noch unregelmäßiges Herzklopfen bemerkt, sucht sie besorgt den Arzt auf. Der jedoch kann nicht die geringste körperliche Störung finden. Trotzdem werden die „Anfälle“ im weiteren Verlauf so intensiv, dass Frau A. nun die Fahrten mit dem Bus gänzlich vermeidet und auch nicht mehr in Kaufhäuser geht. Wichtige Besorgungen müssen mehr und mehr von den Angehörigen erledigt werden. Gerade das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit wird für Maria A. zu einer belastenden Erfahrung, auf die sie immer häufiger mit Trauer und sozialem Rückzug reagiert. Spätestens an diesem Punkt weiß der Psychologe, dass Maria A. die Symptome einer weitverbreiteten Angststörung zeigt.

Natürlich ist es für uns von überlebenswichtiger Bedeutung, gefährliche Situationen im Gedächtnis zu behalten. Ohne uns dessen bewusst zu sein, speichern wir sehr schnell bestimmte Merkmale, die eine gefahrvolle Situation kennzeichnen. So mag der Eindruck der Enge im Zugabteil als Gefahrenhinweis vom Gehirn gespeichert werden. Dieser Eindruck nun kann sich in einem engen Fahrstuhl oder auch einem überfüllten Kaufhaus wiederholen und damit die Angstreaktion erneut – diesmal aber in einer gänzlich anderen Situation – auslösen. Bei einer Angsterkrankung wird auf diesem Wege die Angst auf viele, nur scheinbar nicht zusammenhängende Situationen übertragen.

Die spontane Reaktion auf solche Situationsängste besteht oftmals darin, die entsprechende Situation sofort zu verlassen. Dieser „Fluchtreflex“ ist zum großen Teil biologisch verankert und lässt sich daher willentlich nur schwer beeinflussen. Überdies wird diese Reaktion durch einen wichtigen Effekt verstärkt: Verlässt man die angstauslösende Situation, so stellt sich ein intensives Gefühl der Erleichterung ein. In der Folge führt dies dazu, dass angstauslösende Situationen immer wieder gemieden werden. Die Konsequenzen dieses Mechanismus sind fatal: Selbst die Bewältigung alltäglichster Aufgaben wie einkaufen oder Freunde besuchen wird nahezu unmöglich. Spätestens an diesem Punkt wird eine psychologische Behandlung der Angsterkrankung notwendig, um Folgeprobleme wie Arbeitsunfähigkeit und familiäre Belastungen, depressive Erkrankungen, Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch zu vermeiden.

Die psychologische Therapie von Angststörungen gehört heute zu den Verfahren, deren hohe Wirksamkeit wissenschaftlich eindeutig gesichert ist. In über 80 von 100 Fällen erzielt die psychologische Behandlung innerhalb weniger Wochen dauerhafte Heilungserfolge. Damit ist sie der rein medikamentösen Therapie weit überlegen.

Der erste Schritt einer solchen Therapie liegt in der genauen Diagnose der Störung. Dies Ist wichtig, weil es mehrere Formen von Angsterkrankungen gibt, die unterschiedlich verursacht sind. Trotz dieser Unterschiedlichkeit gibt es jedoch einige wesentliche Merkmale, die für die Therapie von Angststörungen typisch sind. Ein Bestandteil der Therapie liegt in der genauen Information des Patienten über die Art seiner Erkrankung. Dabei müssen gerade auch jene Bedingungen erörtert werden, welche die Krankheit aufrechterhalten. Von zentraler Bedeutung ist hier der „Teufelskreis von Angst und Vermeidung“. Dieser kann durchbrochen werden, indem der Patient mit den angstauslösenden Situationen konfrontiert wird. Nach der intensiven Vorbereitung des Patienten geht dieser gemeinsam mit dem Therapeuten in die angstauslösenden Situationen hinein. Genau hier, wo es für den Patienten wichtig ist, werden dann neue Erlebens- und Verhaltensweisen eingeübt, die einer unangemessenen Angstreaktion entgegenwirken.

Innerhalb einer solchen Konfrontationstherapie lassen sich zudem bestimmte körperliche Lernvorgänge nutzen. Diese in der Fachsprache mit „Habituation“ bezeichneten Abläufe führen zu besonders nachhaltigen Erfolgserlebnissen bei der Bewältigung der Angst. Das hat zur Folge, dass der Patient immer selbständiger die für ihn schwierigen Situationen meistern und schon bald auf die Begleitung des Therapeuten verzichten kann. Dieser wichtige Therapieteil wird ergänzt durch Gespräche und Übungen in der Praxis des Psychologen. Hier geht es darum, die konkreten Erfahrungen in den Konfrontationen zu vertiefen und gegebenenfalls zusätzliche Problemlösetechniken zu entwickeln.

Die psychologische Therapie ermöglicht es dem Patienten, sich in den vormals angstauslösenden Situationen wieder sicher zu bewegen. Darüber hinaus werden in der Behandlung genau solche Fähigkeiten und Verhaltensweisen vermittelt, mit denen der Patient einen erneuten Ausbruch der Angsterkrankung selbständig verhindern kann. Damit ist er auch von weiterer psychotherapeutischer Hilfe unabhängig geworden.

Der reine Zeitaufwand für eine solche Behandlung ist in der Regel relativ gering. Wird die Therapie in einem Block durchgeführt, so kann sie innerhalb von zwei bis drei Wochen abgeschlossen werden. Der Erfolg der psychologischen Behandlung spricht für sich: Für über 80% der Patienten bedeutet sie das Ende einer oft jahrelangen Leidensgeschichte.

Herausgeber:
Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen und Christoph-Dornier Stiftung für Klinische Psychologie

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